Two young Germans go to a game of Australian football. They discover the rules of the game and the passion of its supporters. Inspired by their observations, they even develop a new, football-based definition of "Schadenfreude".
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Written by Roslyn Green and recorded by Carolina Seez
START: Letzten Sonntagabend habe ich australischen Fußball durch europäische Augen gesehen.
Meine zwei jungen Freunde aus Bayern in Süddeutschland, Carolina und Simon, hatten noch nie ein australisches Fußballspiel gesehen. Deshalb hat meine Freundin Linda sie zu einem Spiel eingeladen. «Das ist ganz wichtig», sagte sie. «Wichtiger als Kängurus.» Linda kommt eigentlich aus Neuseeland, aber sie lebt schon lange in Australien und sie liebt australischen Fußball.
Linda ist ein echter Fan. Sie fährt zu jedem Spiel. Manchmal fliegt sie nach Adelaide oder Sydney, weil sie kein Spiel verpassen will. Ihre Mannschaft ist die Geelong-Katzen. Wenn die Katzen verlieren, ist Linda total traurig. Manchmal weint sie ein bisschen. Manchmal weint sie für ein paar Tage. Kein Witz! Wenn ihre Mannschaft gewinnt, ist sie hingegen hoch erfreut. In den letzten acht Jahren war sie oft sehr glücklich, denn Geelong ist eine sehr gute Mannschaft, die viele Grand Finals erreicht und drei gewonnen hat.
Linda war auch froh, dass Simon und Carolina mitgekommen sind. Vor allem wollte sie sich versichern, dass diese jungen Deutschen für immer Geelong-Fans sein würden. Deshalb hatte sie nicht nur Tickets gekauft, sondern auch ein paar Schals und Mützen für sie gefunden. Simon und Carolina haben sofort wie echte Geelong-Fans ausgesehen.
In der Woche vor dem Spiel hatte Simon sich über die Regeln im Internet informiert. Er wusste zum Beispiel schon, dass ein Tor sechs “Behinds” gleichgesetzt wird. «Man kann gewinnen», sagte er zu mir, «selbst wenn man weniger Tore schießt, solange man viele Behinds geschossen hat.»
Ich war beeindruckt. «Du hast schon viel gelernt», sagte ich.
«Weißt du», antwortete er, «ich liebe Fußball. Ich bin genau wie Linda. Linda ist echt cool.»
«Weinst du denn, wenn deine Mannschaft verliert?»
«Normalerweise weine ich nicht», sagte er, «aber wenn meine Mannschaft ein so wichtiges Spiel wie das Endspiel der Champions-League verliert, dann weine ich auch, denn das ist genau wie das Grand Final bei euch.»
Wir sind mit dem Zug zum Ethiad-Stadium gefahren. Sogar das hat Spaß gemacht. Die Atmosphäre im Stadium war elektrisierend und die Spieler haben unglaublich fit und sportlich ausgesehen. Natürlich. Simon hat bemerkt, dass die australischen Spieler nicht nur fit, sondern auch sehr gut trainierte Oberkörper haben müssen. Ihre Oberkörper sind stärker trainiert als die der Fußballspieler in Europa, weil sie den Gegenspieler mit dem Ball angreifen und stoppen müssen.
Die Spieler in der Geelong-Mannschaft haben gestreifte dunkelblau-weiße Trikots und dunkelblaue Shorts getragen. «Sehen sie nicht toll aus?», sagte Linda.
Linda und Carolina haben sich vor dem Spiel schminken lassen. Als sie vom Schminken zurückkamen, sahen die beiden ein bisschen wie Katzen aus.
Zum Glück hat ein Freund von mir, Barry, neben Carolina gesessen und konnte ihr so alles erklären. Als ein Spieler vor dem Tor stand und seine Socken hochzog, erklärte Barry: «Sie schießen viel besser, wenn sie die Socken hochziehen. Das ist wissenschaftlich bewiesen.» Und so war es dann auch, aber natürlich war das nicht sein Ernst. Barry ist ein witziger Mann mit viel Humor.
Barry hat es lustig gefunden, als Carolina bemerkte: «Die Form des Balles ist für das Spiel nicht sehr nützlich.» Sie meinte damit, dass die ovale Form es schwierig macht, wenn man zum Beispiel läuft und gleichzeitig den Ball prellen muss. Da hat sie die Schwierigkeiten und die Einmaligkeit von unserem Spiel in einem einzigen Satz zusammengefasst.
Simon und Carolina waren sehr begeisterte Fans. Sie sind jedes Mal aufgestanden, wenn die Katzen ein Tor geschossen haben. Linda hatte ein bisschen Angst, denn im dritten Viertel waren die Katzen nicht so konzentriert. Zum Glück waren sie im letzten Viertel viel besser. Insgesamt haben sie aber ziemlich gut gespielt und dann auch das Spiel gewonnen.
Mir hat es besonders gefallen, die Reaktionen der zwei jungen Deutschen zu beobachten. Sie waren sehr süß und haben sich für alles interessiert. Simon hat sogar eine neue Definition von «Schadenfreude» erfunden. Dieses Wort ist ein sehr gängiges deutsches Wort. Es bedeutet, man ist glücklich oder erfreut, wenn einer anderen Person etwas Unangenehmes passiert. Zum Beispiel, der Klassenbeste bekommt eine schlechte Note und du bist eigentlich ziemlich froh darüber! Du bist glücklich, dass dein Mitschüler etwas Schlechtes erlebt. Das ist nicht so nett, oder? Aber sehr menschlich.
Man sagt auch: «Schadenfreude ist die schönste Freude.»
Am Fußballspiel hat Simon diesen Begriff weiterentwickelt: «Schadenfreude ist das Gefühl, das man hat, wenn ein Spieler von der gegnerischen Mannschaft den Fußball kickt und den Pfosten trifft, statt ein Tor zu schießen.» Während des Spiels ist dies oft passiert.
Der Fußball. Die Philosophie. Das Leben. Mit diesem deutschen Wort «Schadenfreude» kann man so viel beschreiben und so viel erklären. Sogar australischen Fußball.
Auf dem Weg nach Hause im Zug waren wir alle glücklich. Simon und Carolina hatten endlich ein australisches Fußballspiel gesehen. Aber die glücklichste Person war Linda, denn die Katzen hatten das Spiel gewonnen und sie hatte zwei neue Fans für den australischen Fußball und ihre Mannschaft gefunden.
Carolina und Simon werden leider bald nach Deutschland zurückkehren. Aber sie werden für immer Katzen-Fans bleiben.